Berliner Testament – eine mögliche Falle ?

Vgl. aktuelle Pressemitteilung vom 19.02.2015.

Bei der Testamentsgestaltung durch Eheleute ist das sogenannte „Berliner Testament“ sehr beliebt. Bei diesem gemeinschaftlichen Ehegattentestament setzen sich die Ehepartner gegenseitig als alleinige Erben ein und bestimmen, dass entgegen der gesetzlichen Erbfolge die gemeinschaftlichen Kinder erst nach dem Tod des Längerle-benden den dann noch vorhandenen Nachlass erhalten sollen. Eine solche vergleichsweise einfache Testamentsform bedarf vielfach der Ergänzung. In bestimmten Fällen ist insbesondere zur Vermeidung oder Reduzierung von Erbschaftsteuer ganz von dieser Gestaltung abzuraten.

So liegt nach Auskunft des Geschäftsführers der Notarkammer Sachsen Herrn Dr. Matthias Wagner eine häufig nicht bedachte Problematik des Berliner Testaments darin, dass der Längerlebende nach dem Versterben seines Ehepartners an das Testament gebunden ist. Auch wenn sich dann z.B. das Verhältnis zu einem der Kinder erheblich verschlechtert haben sollte, kann das Testament nicht mehr einseitig geändert werden. Hier empfiehlt es sich – unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse – in dem Testament ausdrücklich zu regeln, ob und in welchem Umfang der überlebende Ehepartner befugt sein soll, die Einsetzung der Schlusserben ganz oder teilweise abzuändern.

Auch kann gerade bei jüngeren Ehegatten ergänzend eine sogenannte Wiederverhei-ratungsklausel in das Testament aufgenommen werden, um so zu verhindern, dass bei einer Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten der Erbteil der gemeinsamen Kinder durch einen neuen Ehegatten geschmälert wird.

Bereits bei mittelgroßen Vermögen kann das Berliner Testament einen erheblichen steuerlichen Nachteil haben. So fällt bei Überschreiten der Freibeträge eine doppelte Erbschaftsteuer an, einmal wenn der überlebende Ehegatte erbt und ein zweites Mal wenn anschließend die Kinder erben. Der steuerliche Nachteil liegt u.a. darin, dass der Freibetrag jedes Kindes in Höhe von 205.000,- Euro nach dem erstversterbenden Elternteil ersatzlos verloren geht.

Hier ein Beispiel:

Haben beispielsweise Ehegatten ein gemeinsames Vermögen (Immobilien, Kapitalan-lagen, Fahrzeuge, Barvermögen usw.) in Höhe von insgesamt 300.000,- Euro und ein gemeinsames Kind, so würde das Kind aufgrund eines Berliner Testaments erst bei Versterben des Längerlebenden dieses Vermögen insgesamt erben. Nach Abzug des Steuerfreibetrages von 205.000,- Euro müsste es die restlichen 95.000,- Euro mit 11 % versteuern: Das Finanzamt würde sich über Erbschaftsteuer in Höhe von 10.450,- Euro freuen. Bei größeren Vermögen kann der für Kinder zu zahlende Steuersatz sogar auf bis zu 30 % steigen. Daher sollte man sich in solchen Fällen nach Angabe von Herrn/Frau ... über steuersparende Alternativen der Testamentesgestaltung beraten lassen.

Eine vom Berliner Testament abweichende Testamentsgestaltung sollte dann gewählt werden, wenn einseitige Kinder eines Elternteils vorhanden sind, da diese einseitigen Kinder rechtlich nur mit dem einen, nicht jedoch mit dem anderen Elternteil als verwandt gelten und sich hierdurch sowie zur Verringerung eventueller Pflichtteilsansprüche Gestaltungsbedarf ergeben kann.

Die Notarkammer Sachsen rät:

Damit sich in der Praxis ein einfaches vielleicht aus einem Ratgeberbuch abgeschriebenes Berliner Testament nicht als rechtlich und steuerlich nachteilig erweist, sollte bei der Gestaltung die Hilfe und der Rat eines Notars in Anspruch genommen werden. Nur die auf jeden Einzelfall zugeschnittene Formulierung wird den Anforderungen an eine ideale Gestaltung gerecht. Zudem können mit einem notariellen Testament die Kosten für einen nach dem Eintritt des Todesfalls ansonsten vielfach erforderlichen Erbschein gespart werden.

Dr. Matthias Wagner, Geschäftsführer der Notarkammer Sachsen



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