Lebensversicherung und Pflichtteil – Änderung der Rechtsprechung in Sicht?

Die Kapital bildende Lebensversicherung gehört in Deutschland zu den am weitest verbreiteten Formen der Altersvorsorge. Schlagworte wie Mindestverzinsung, Steuerersparnis, Riester oder Rürup sind in aller Munde. Die Frage, was beim Tod der versicherten Person mit der Versicherungssumme geschieht und auf welchem Wege diese zum „Richtigen“ gelangt, wird demgegenüber kaum beleuchtet.

Die im Todesfall fällige Versicherungssumme steht grundsätzlich derjenigen Person zu, die im Versicherungsvertrag als bezugsberechtigt bestimmt wurde. Sie fällt dann nicht in den Nachlass der versicherten Person. Der Bezugsberechtigte erwirbt aufgrund eines Vertrages zugunsten Dritter einen unmittelbaren Anspruch gegen den Versicherer auf Zahlung der Versicherungssumme. Bedeutung erlangt dies bei Änderungen der bezugsberechtigten Personen. Diese setzten grundsätzlich eine Anzeige gegenüber dem Versicherungsunternehmen voraus und können nicht lediglich durch Testament erfolgen. Etwas anderes gilt, wenn im Versicherungsvertrag ausnahmsweise kein Bezugsberechtigter benannt ist oder die Lebensversicherung zur Kreditsicherung an eine Bank abgetreten wurde. In diesem Fall gehört die Versicherungssumme zum Nachlass und steht den gesetzlichen oder testamentarisch festgelegten Erben zu.

Steuerlich ist die Differenzierung hinsichtlich der Nachlasszugehörigkeit der Versicherungssumme grundsätzlich ohne Bedeutung. Auch wenn die Versicherungssumme nicht in den Nachlass fällt und nicht der Erbschaftsteuer unterliegt, unterfällt die Zuwendung der Versicherungssumme an den Bezugsberechtigten der Schenkungsteuer. Aus diesem Grund lautet eine häufige Empfehlung an Ehegatten oder nichteheliche Lebenspartner, sog. „Überkreuz - Lebensversicherungen“ abzuschließen. Eine eventuelle Schenkungsteuerbelastung kann hierbei dadurch vermieden werden, dass jeweils das Leben des Partners versichert wird und die Versicherungsleistung beim Tod des Partners aus dem „eigenen“ Vertrag resultiert.

Wenn es um den erbrechtlichen Pflichtteil geht, war die Lebensversicherung ein Instrument, Ansprüche unliebsamer Angehöriger zu reduzieren. Nur die in den Nachlass fallende Versicherungssumme wurde uneingeschränkt zur Berechnung von Pflichtteilsansprüchen herangezogen. Etwas anderes galt für die einem Bezugsberechtigten quasi am Nachlass vorbei zustehende Versicherungssumme. Hier sollten nur die in den letzten zehn Jahren vor dem Todesfall tatsächlich gezahlten Beiträge für die Pflichtteilsberechnung maßgeblich sein. Eine in anderem Zusammenhang ergangene Entscheidung des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes (BGH, Az. IX ZR 252/01) gibt nunmehr Anlass zu der Annahme, dass auch diese Privilegierung der Lebensversicherung bald der Geschichte angehören könnte. Ob diese zum Insolvenzrecht ergangene Entscheidung tatsächlich auf das Pflichtteilsrecht übertragen wird, bleibt abzuwarten. Angesichts der Begründung des BGH spricht allerdings Vieles dafür, dass die Lebensversicherungssumme künftig zwar am Nachlass, jedoch nicht an den Pflichtteilsberechtigten vorbei übergeht.

Als Gestaltungsmittel kommt die Lebensversicherung in Betracht, wenn Ehegatten sich in einem gemeinschaftlichen Testament bindend zu Erben eingesetzt haben. Soll in Abweichung hierzu ein Dritter (z.B. ein Abkömmling) beim Tod des Ersten etwas erhalten, erfordert dies grundsätzlich eine Anpassung des Testaments, die nur im Einvernehmen beider Ehegatten erfolgen kann. Mit weniger Aufwand und ohne die Zustimmung des Ehegatten kann dies auch dadurch erreicht werden, dass ein Ehegatte eine Lebensversicherung abschließt und den Dritten als Bezugsberechtigten bestimmt. Voraussetzung ist allerdings, dass beide Ehegatten zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch leben.

Die Notarkammern empfehlen:

Lebensversicherungsverträge weisen vielfältige erbrechtliche Bezüge auf. Sie sollten daher schon bei Abschluss auf ihre erbrechtlichen Konsequenzen überprüft und bei der Gestaltung von Erbverträgen, Testamenten sowie der gesamten Nachlassplanung besonders berücksichtigt werden. Der Notar informiert und berät Sie hierzu selbstverständlich gern und kompetent.



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