Erschließungsbeitragsbescheide für DDR-Straßen oft angreifbar

Durch Infrastrukturmaßnahmen nach der Wiedervereinigung wurden die Straßen in vielen Gemeinden auf dem Gebiet der ehemaligen DDR (Beitrittsgebiet) erheblich aufgewertet. Inwieweit der dafür getätigte Aufwand auf die anliegenden Grundstückseigentümer umgelegt werden darf, hängt davon ab, wie die Grundstücke zuvor erschlossen waren. Wurden durch derartige Infrastrukturmaßnahmen Grundstücke erstmals an das kommunale Straßennetz angeschlossen, können Erschließungsbeiträge erhoben werden. Anders liegt es, wenn die Grundstücke bereits ortsüblich an das kommunale Straßennetz angeschlossen waren und durch Infrastrukturmaßnahmen lediglich die vorhandenen Erschließungsanlagen aufgewertet wurden. Beispielsweise durch Verlegung einer neuen Asphaltdecke oder Schaffung von bislang nicht vorhandenen Gehwegen. Dann werden lediglich Straßenausbaubeiträge fällig, die in der Regel deutlich niedriger sind als Erschließungsbeiträge.

In diesem Zusammenhang markiert der 3. Oktober 1990 einen wichtigen Stichtag: Für alle damals im Beitrittsgebiet bereits hergestellten Erschließungsanlagen dürfen gem. § 242 Abs. 9 Satz 1 BauGB keine Erschließungsbeiträge erhoben werden.

In der Vergangenheit entzündete sich jedoch vielfach Streit an der Frage, ob eine Erschließungsanlage am Stichtag bereits hergestellt war oder nicht. Das liegt daran, dass nicht jede am 3. Oktober 1990 funktional vorhandene Straße auch im Rechtssinne als bereits hergestellt gilt. Zwei Aspekte können hier zur Annahme einer bereits hergestellten Erschließungsanlage (und damit zum Wegfall der Erschließungsbeitragspflicht) führen:

1. Technisches Ausbauprogramm
Erfolgte die Anlegung einer Erschließungsanlage vor dem 3. Oktober 1990 auf der Grundlage eines schriftlichen Plans mit Projektvorgaben zur bautechnischen Herstellung und war dieser Plan einer damals zuständigen staatlichen Stelle zuzurechnen, so gilt diese Erschließungsanlage im Rechtssinne als bereits hergestellt.

2. Örtliche Ausbaugepflogenheiten
Erfolgte die Anlegung einer Erschließungsanlage vor dem 3. Oktober 1990 und entsprach sie spätestens am 3. Oktober 1990 den üblichen Standards für Erschließungsanlagen vergleichbarer Funktionalität, so gilt auch diese Erschließungsanlage im Rechtssinne als bereits hergestellt.

Ist unter einem der beiden Aspekte eine am 3. Oktober 1990 bereits hergestellte Erschließungsanlage anzunehmen, lösen spätere aufwertende Infrastrukturmaßnahmen keine Erschließungsbeiträge aus. Dies hat das

Bundesverwaltungsgericht in einer Grundsatzentscheidung zum Erschließungsbeitragsrecht (Urt. v. 11. 7. 2007 - BVerwG 9 C 5.06) bestätigt. Im Revisionsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht obsiegte ein Bürger, der sich gegen einen Erschließungsbeitragsbescheid gewehrt hatte, da der streitgegenständliche Weg unter den vorgenannten Aspekten am 3. Oktober 1990 bereits hergestellt gewesen sei.

Von Bedeutung ist die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auch wegen der bürgerfreundlichen Aussage zur Beweislastverteilung im Streitfall: Nicht der Anlieger muss beweisen, dass „seine Straße“ am 3. Oktober 1990 bereits hergestellt war, stattdessen „.obliegt es der Gemeinde darzutun, dass erst und gerade die nach dem Stichtag durchgeführten Baumaßnahmen die - vorher noch unfertige - Straße erstmalig hergestellt haben, wenn sie hierfür Erschließungsbeiträge fordern will.“



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