Testament "Berliner Art"

Pauschale Formulierungen sollten in Testamenten unbedingt vermieden werden. Dies belegt einmal mehr eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 22.07.2014 (Az.: I-15 W 98/14).

Das Gericht hatte in einem Verfahren zur Erteilung eines Erbscheins zu entscheiden. Die Ehefrau des Erblassers und dessen Kinder aus erster Ehe stritten sich um die

Auslegung eines Testaments. Der Erblasser hatte in seinem handschriftlichen Testament wörtlich bestimmt, dass nach seinem Ableben die Erbschaft gemäß dem ?Berliner Testament? einschließlich der Wiederverheiratungsklausel erfolgen sollte. Die Ehefrau ging davon aus, Alleinerbin geworden zu sein. Die Kinder des Erblassers waren hingegen der Meinung, dass das Testament die gesetzliche Erbfolge nicht beeinflusse und sie gemeinsam mit der Ehefrau Erben geworden seien.

Das Gericht gab den Kindern Recht. Denn das Testament bestimme die Ehefrau weder ausdrücklich zur Alleinerbin, noch könne das Testament so ausgelegt werden, dass zunächst die Ehefrau alleinige Erbin und erst nach deren Tod die Kinder des Erblassers die Erben sein sollten. Es lasse sich nämlich nicht feststellen, was der Erblasser mit den gewählten Worten habe sagen wollen. Er habe lediglich den Wunsch ausgedrückt, dass sich die Erbfolge nach dem ?Berliner Testament? richten und die Wiederverheiratungsklausel gelten solle. Was er unter dem Begriff ?Berliner Testament? verstand, ergebe sich aus dem Testament aber nicht. Bei einem ?Berliner Testament? handle es sich vielmehr um ein gemeinschaftliches Testament, das nur von Ehegatten gemeinsam errichtet werden könne. Da dies dem Erblasser offensichtlich nicht bekannt gewesen sei und weitere Hinweise im Testament fehlten, habe das Gericht auch nicht feststellen können, welche Vorstellungen er mit der Art dieses Testaments verbunden habe. Folglich könne auch nicht angenommen werden, dass er seine Ehefrau als Alleinerbin habe einsetzen wollen.

Dieser Fall zeigt, dass die vermeintlich richtige Verwendung juristischer Begriffe auch zu einer anderen Erbfolge als vielleicht beabsichtigt und zu Streitigkeiten unter den Familienangehörigen führen kann. Eine exakte und sorgfältige Formulierung des Testaments ist daher wichtig, um dem Willen des Erblassers zur Geltung zu verhelfen. Daher sollte keinesfalls auf ein scheinbar passendes Muster aus einem Formularbuch oder dem Internet zurückgegriffen werden. Besonders bei der Gestaltung von Testamenten gilt, dass kein Fall dem anderen gleicht, weil die Familienverhältnisse und die zwischenmenschlichen Beziehungen im konkreten Einzelfall entscheidend sind. Besteht Unsicherheit bei der sachlich richtigen Gestaltung des Testaments, sollte die Beratung durch einen Notar in Anspruch genommen werden. Erhält der Notar darüber hinaus den Auftrag, das Testament zu entwerfen und zu beurkunden, hat das den Vorteil, dass ein Erbschein in der Regel nicht mehr erforderlich ist. Denn der Nachweis der Erbenstellung kann mit dem notariellen Testament sowie dem Eröffnungsprotokoll des Nachlassgerichts geführt werden.


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Rüdiger Müller, Geschäftsführer der Notarkammer Sachsen



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