Testament und Pflichtteil

Nach einer aktuellen Studie planen etwa zwei Drittel der über 50-Jährigen ihren Nachlass. Und das aus gutem Grund! Nicht nur, dass viele von ihnen bereits selbst streitige Erbauseinandersetzungen erlebt haben. So werden in Deutschland jährlich knapp 200 Milliarden Euro vererbt. Circa 71 Prozent davon betreffen Erbschaften, die Immobilien enthalten. Außerdem wünscht sich laut der Studie knapp jeder dritte Deutsche eine Möglichkeit nahe Angehörige, wie z.B. Kinder, vollständig enterben zu können. Die Vermögensnachfolge sollte also gut geplant sein. Nur durch Transparenz und eine klare Aufteilung des Nachlasses in einem wasserdichten Testament kann Streit vermieden und der Wille der Erblassers sicher verwirklicht werden.

Die letztwillige Verfügung - das Testament, der Erbvertrag

Ein großer Teil der in Deutschland handschriftlich errichteten Testamente sind unrichtig, unklar oder auch unwirksam. Dies führt zu langwierigem Streit in den Familien und teuren Gerichtsverfahren. Dabei lassen sich mit der richtigen Gestaltung eines Testamentes die Fallstricke im Erbrecht umgehen.

Der Grund für Erbschaftsstreitigkeiten liegt oft darin, dass kein oder ein unklares bzw. unwirksames Testament vorhanden ist und kraft gesetzlicher Erbfolge Erbengemeinschaften entstehen. Insbesondere handschriftlich errichtete Testamente bergen hohes Streitpotential, weil z. B. juristische Begriffe falsch verwendet werden und der Wille des Erblassers nicht klar formuliert wurde. Abhilfe schafft die notarielle Beurkundung des Testaments oder Erbvertrages. Der Notar sorgt neben der fachkundigen Beratung für eine exakte Formulierung des letzten Willens, die Streitigkeiten nach Testamentseröffnung vermeidet. Und weil für die Abwicklung eines Erbfalls im Regelfall dann kein Erbschein zum Nachweis der Erbfolge nötig ist, wenn ein notarielles Testament vorhanden ist, kann mit dieser Variante zur Regelung des Nachlasses auch noch bares Geld gespart werden, insbesondere bei Immobilien-Erbschaften.

Neben dem Gedanken der Streitvermeidung, soll die Regelung des Nachlasses oft auch zu einer gerechten Verteilung unter den Abkömmlingen führen. Gerade wenn die selbstgenutzte Immobilie den größten Teil des Vermögens ausmacht, stellt sich die Frage, wie das Vermögen auf die Kinder gerecht verteilt werden kann. Das Haus soll meist nur einer der Abkömmlinge bekommen. Zur Abfindung der weichenden Geschwister kommen z. B. einmalige oder ratenweise Geldzahlungen oder gegebenenfalls auch die Einräumung eines (befristeten) Wohnungsrechts in Betracht. Im Idealfall sollte hier eine einvernehmliche Lösung innerhalb der Familie gefunden werden.

Der Pflichtteil

Pflichtteilsberechtigt sind die Abkömmlinge des Erblassers - gleich, ob ehelich oder nichtehelich geboren, sein Ehegatte bzw. sein eingetragener Lebenspartner und ggf. seine Eltern. Letztere jedoch nur, falls keine Abkömmlinge vorhanden sind. Die Pflichtteilsberechtigten werden selbst dann am Nachlass beteiligt, wenn der Verstorbene sie durch Testament oder Erbvertrag enterbt hat. Sie können vom Erben allerdings nicht die Herausgabe bestimmter Vermögensgegenstände verlangen. Der Pflichtteilsanspruch ist nur auf die Zahlung eines Geldbetrages gerichtet. Wertmäßig ist er auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils des Pflichtteilsberechtigten beschränkt.

Dazu folgendes Beispiel: Verstirbt ein im gesetzlichen Güterstand verheirateter Ehemann, der zwei Kinder hat, und haben sich die Ehegatten - klassisch - in einem sog. Berliner Testament zu Alleinerben eingesetzt, dann sind die beiden Kinder nach dem Tod ihres Vaters enterbt. Gleichgültig ist, ob sie im Testament als sog. Schlusserben eingesetzt sind, also nach dem Tod des letzten Elternteils das verbleibende Vermögen erben sollen. Die Kinder haben aber nach dem Tod des Vaters gegen ihre Mutter als Alleinerbin einen Anspruch auf Zahlung ihres Pflichtteils. Dieser beträgt hier pro Kind 1/8 des Wertes des Vermögens ihres Vaters.

Dass der Pflichtteilsanspruch den Erben erhebliche Probleme bereiten kann, liegt auf der Hand: Denn oftmals steckt das gesamte Vermögen in dem gemeinsamen Familienheim, dass vielleicht sogar verkauft werden muss, um denjenigen, der seinen Pflichtteil verlangt, "auszubezahlen". Eine geschickte Gestaltung des gemeinschaftlichen Testamentes oder die rechtzeitige Verlagerung des Vermögens können ein solches Szenario vermeiden helfen.

Unter Umständen sind die Kinder aber auch bereit, gegenüber dem Erblasser auf ihren Pflichtteil zu verzichten. Ein solcher Pflichtteilsverzichtsvertrag bedarf der notariellen Beurkundung. Andere Formen führen zur Unwirksamkeit des Verzichtes.

Pflichtteilsansprüche bestehen aber nicht nur, wenn man enterbt worden ist, sondern auch dann, wenn der Erblasser zu Lebzeiten wertvolle Geschenke gemacht hat. Sollte etwa der im Beispielsfall genannte Erblasser (Vater) in den zehn Jahren vor seinem Tod seiner Tochter ein Grundstück geschenkt haben, hat das nicht bedachte Kind gegen den Erben einen sog. Pflichtteilsergänzungsanspruch. Denn der Wert des Grundstücks wird dem Nachlass hinzugerechnet. Der anzurechnende Wert schmilzt nach jedem Jahr, das seit der Schenkung vergangen ist, um ein Zehntel ab. Fünf Jahre nach der Schenkung sind somit nur noch 50 Prozent des Wertes des Grundstückes zu berücksichtigen. Nach zehn Jahren oder mehr ist die Schenkung insgesamt "pflichtteilsfrei". Diese Regelung gilt allerdings nicht für Schenkungen unter Ehegatten. Hier beginnt die Frist erst mit dem Tag der Auflösung der Ehe (durch Tod oder Scheidung).

Mit rechtzeitigen lebzeitigen Schenkungen können Pflichtteilsansprüche unliebsamer Angehöriger minimiert und durch die geschickte Ausnutzung steuerlicher Freibeträge auch Geld gespart werden.

Sie sehen: Bezüglich der eigenen Nachfolgeplanung sind viele Aspekte zu berücksichtigen. Wertvolle Tipps rund um dieses Thema erhalten Sie am Mittwoch, dem 15. April 2015, von 15.00 Uhr bis 18.00 Uhr bei Ihrem Notar. Dann laden die sächsischen Notarinnen und Notare Sie zu Ihrem "Tag der offenen Tür" unter dem Motto ?Testament und Pflichtteil" ein. Welche Notare hieran teilnehmen, erfahren Sie auf der Homepage der Notarkammer Sachsen unter http://www.notarkammer-sachsen.de oder unter Tel. 0351/807270. Die sächsischen Notare freuen sich auf Ihren Besuch!

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Rüdiger Müller, Geschäftsführer der Notarkammer Sachsen



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