"Sind Sie noch Besitzer oder schon Eigentümer?"

Die Notarkammer Sachsen rät zur Vorsicht bei fragwürdigen Datensammelaktionen.

Glaubt man den Behauptungen im Internet und in massenhaft versandten E-Mails, laufen zum 01.01.2017 die Bodenrechte aus. Über Gewohnheitsrecht soll dann der Boden neu verteilt werden können und die Eigentümer verlieren ihre Rechte. Um es gleich vorwegzunehmen: Es handelt sich dabei um eine Falschnachricht, wenn auch keine besonders gut gemachte, wie Rüdiger Müller, Geschäftsführer der Notarkammer Sachsen, zu berichten weiß: "In letzter Zeit erreichen die Notarkammer Sachsen vermehrt Anrufe von irritierten Personen. Sie verlangen einen Eigentumsnachweis beim Katasteramt, um ihren Besitz behalten zu dürfen und wollen den Nachweis einem vermeintlichen 'Reichskatasteramt' in Krakau übermitteln."

Auch wenn in den Mitteilungen beteuert wird, dass diese "Nachrichten" keine "Reichsbürger-Ideologie" verfolgen, die Behauptungen und die rechtlichen Ausführungen lassen schnell erkennen, welche Ansichten tatsächlich hinter den Falschmeldungen stecken. Besonders erschreckend dabei ist, in welcher Unkenntnis die Ersteller der Nachrichten rechtliche Begriffe durcheinander werfen, wie versucht wird, fiktive Umstände mit realen Entwicklungen in Verbindung zu bringen, und welche abstrusen Schlüsse schließlich gezogen werden.

Ganz offensichtlich tritt dies bei der Verwechslung der Begriffe Eigentum und Besitz hervor. Während dem Eigentümer eine Sache rechtlich gehört, hat der Besitzer die tatsächliche Herrschaft über den Gegenstand. Besitz und Eigentum können auseinanderfallen, was sich insbesondere beim Mietvertrag zeigt: Zwar gehört dem Vermieter das Haus; solange der Mietvertrag jedoch besteht, verfügt allein der Mieter über einen Schlüssel und hat damit die Herrschaft über den Zutritt zur Wohnung. Der Vermieter ist Eigentümer, der Mieter hingegen Besitzer. Auch über das Verhältnis von Kataster und Grundbuchamt, findet man eine Vielzahl juristischer Fehlvorstellungen: Während im Kataster die geografische Lage eines Grundstücks beschrieben wird, sind rechtlich verbindliche Aussagen über das Eigentum an einem Grundstück im Grundbuch enthalten. Eine Information an das Katasteramt über die (bestehenden) Eigentumsverhältnisse ist also offensichtlich juristischer Unsinn. Auch aktuelle Entwicklungen im elektronischen Rechtsverkehr werden gern thematisiert. "Dass Menschen mit diesem Weltbild wohl nicht glauben wollen, dass die Digitalisierung notarieller Urkunden eine Frage von Arbeitserleichterung und Verwahrkapazitäten ist und die beim Notar erstellten Urkunden gleichwohl noch Jahrzehnte aufbewahrt werden, versteht sich von selbst", so Müller weiter.

Doch was soll mit der gezielten Fehlinformation bezweckt werden? Rüdiger Müller kann nur Mutmaßungen anstellen: "Wir denken, dass hier planmäßig sensible Daten abgeschöpft werden sollen." Die Notarkammer Sachsen rät daher in allen diesen Fällen zur besonderen Vorsicht. Beim Grundbuch handelt es sich nicht um ein für jedermann einsehbares Register. Vielmehr verlangt die Einsichtnahme stets ein berechtigtes Interesse. Das ist auch gut so, denn das Grundbuch enthält eine Vielzahl sensibler Daten. "Es ist kaum zu fassen, wie gutgläubig Menschen Informationen über ihre Immobilien und beispielsweise über die Höhe ihrer Grundschulden aus der Hand geben. Dabei würden sie ja auch nicht jedem einen aktuellen Kontoauszug mitgeben, der behauptet, dass uns morgen der Himmel auf den Kopf fällt", so Müller abschließend mit einem Augenzwinkern.



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